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Montag, 9. Januar 2012

Minutenmärchen

Der steinerne Fürst saß hoch droben in seinem Turm aus selbsterbauter Rechtschaffenheit und war voller Sehnsucht. Doch die Prinzessin, die er sich auserkor, auf dass sie diese ihm erfülle, vermochte das Mäntelchen seiner Sehnsucht, das er ihr umgehängt hatte mit schweigendem Blick, nicht zu tragen. Aus Seide gewoben sei es, so dacht‘ er; das Mädchen jedoch trug schwer am Gewebe, auf ihren Schultern fühlte sich‘s an wie Blei.
Weil die Treppe in die Höhen des Turmes aus lauter vertrackten Ecken und Winkeln eines bruchstückhaften Denkens bestand, die zu erklimmen ihr auch nach so viel traulicher Zeit in Wiesen und Wäldern nicht möglich wurde, sah sie keine andere Wahl: sie legte den schweren Mantel einer fremd gebliebenen Sehnsucht vor des Fürsten Turm nieder. Ob er jemals hinabsteigen würde, das Gewicht zu prüfen und das Wesen seiner Sehnsucht zu begreifen, vermochte niemand zu sagen.
Von der Prinzessin aber hörte man, dass sie behenden Schrittes ins Weite geeilt war und trachtete, nicht im flatternden Schal ihrer eigenen Sehnsucht sich die Füße zu verheddern.

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